Womit haben Sie die grösste Freude bei der zwei- oder mehrsprachigen Erziehung Ihres Kindes? Teil 1

Bevor ich mein Buch über zweisprachige Kindererziehung zum Schreiben angefangen hatte, entwarf ich eine Online-Umfrage, die zu meinem Erstaunen von insgesamt 420 Menschen aus 27 verschiedenen Ländern beantwortet wurde. Die Befragten waren Eltern ungarischer Herkunft, die zum grössten Teil mit ihren mehrsprachigen Kindern seit längerer Zeit im Ausland lebten, aber auch solche, die versuchten, ihre Kinder in Ungarn in einer anderen Sprache als ungarisch zu erziehen. Ich habe viele interessante und aufschlussreiche Antworten bekommen. Einige davon möchte ich in diesem Beitrag hervorheben. Eine meiner zahlreichen Fragen versuchte herauszufinden, was den Antwortgebern die grösste Freude an der zwei- oder mehrsprachigen Erziehung bereitete. Als kleiner Vorgeschmack möchte ich hier einige Antworten zitieren:

Man sieht die aussergewöhnliche Anpassungsfähigkeit des Kindes, wie es von einer Sprache zu einer anderen wechseln kann. Mir gefällt auch, dass es in allen drei Sprachen Witze machen kann.

Der Gedanke, dass mein Kind jeden Tag neue fremdsprachliche Ausdrücke aufnimmt – ohne Anstrengung und mit wunderbarer Unkompliziertheit.

Ich geniesse es, wenn meine Tochter mich in meiner Sprache anspricht, auch wenn anderssprachige Leute dabei sind. (Wir leben im Ausland.)

Mein Kind kennt und versteht diejenigen Werke der Kinderliteratur, die mir damals auch viel bedeutet haben.

Meine grösste Freude war, aus Algerien kommend mein allererster Besuch in Ungarn mit meinem kleinen Sohn. Er konnte schon sprechen und sich mit meinen Eltern verständigen. Da hatte ich das Gefühl: Meine Arbeit hat Früchte getragen. (In Algerien habe ich mit ihm konsequent meine Sprache gesprochen.)

Ich geniesse es, dass ich über etwas sprechen kann, was die Umgebung nicht versteht.

Wir waren sehr froh, als unsere Tochter endlich angefangen hatte, alle drei Sprachen zu sprechen. Die beiden Grossmütter – als sie sahen, dass das Kind wirklich alle drei Sprachen fliessend sprechen konnte … und sogar ununterbrochen wie eine alte Dame – waren auch beruhigt.

Ich freue mich immer, wenn ich sehe, dass meine Kinder fähig sind, in 3-4 Sprachen zu kommunizieren. Und es geht hier nicht nur um die Kommunikation, sondern auch um eine gewisse internationale und kulturelle Offenheit. Meine Kinder sind sogenannte „Weltbürger“ geworden. Sie kommen überall zurecht, knüpfen schnell Kontakte mit Unbekannten und sind tolerant gegenüber anderen. Zusammenfassend könnte man sagen, dass sich ihre soziale Intelligenz mit jeder weiteren Sprache, die sie dazugelernt haben, erweitert hat.

Wir spielen öfters, dass wir uns ein Sprichwort aussuchen und besprechen, was es mit der Gedankenwelt der Menschen und der Geschichte des Landes zu tun hat. Es gefällt mir sehr gut z. B., wenn ich sie auf Ungarisch frage, wie der Nicolaus zu uns kommt. Dann erzählen sie, dass sein Schlitten von Elchen gezogen wird und dass er aus den Schneewolken durch den Kamin im Zimmer landet. Wenn die gleiche Frage auf Holländisch gefragt wird, dann sagen sie, dass er mit dem Schiff aus Spanien kommt.

Ich bin glücklich, weil ich sehe, dass es funktioniert und mein Sohn alle drei Länder als seine Heimat betrachtet. Er ist stolz auf alle drei Länder.

Ich war sehr glücklich als unsere erwachsenen Kinder sich bei uns dafür bedankt haben, dass sie auch ungarisch sprechen können. Als unsere Tochter die Auszeichnung „Beste Arbeitnehmerin des Monats“ bei ihrer kanadischen Firma in Toronto für die hervorragende Organisation und Durchführung eines Kongresses in Ungarn bekam, war ich auch sehr stolz.

Mir ist bewusst, dass ich emotional anders reagiere, wenn mein Kind mir auf Ungarisch „Gute Nacht!“ wünscht. Ich schmelze dahin. Ich fühle, dass die Wörter in meiner Muttersprache für mich eine grössere emotionale Bedeutung haben als in einer Fremdsprache.

Manchmal kommt es vor, dass unser Sohn ganz zu seiner eigenen Freude den kleinen Dolmetscher spielt. Er übersetzt seinem Vater, was ich seiner Schwester eben gesagt habe.

Meine Kinder werden mit der Erwerbung einer neuen Sprache nicht so viel „leiden müssen“, wie ich momentan.

Eine Übersetzung aus dem ungarischen. Das Original erschien im: (Frauen im Ausland)